Körpergedächtnis
Super 8 Film, 2024

Valerie, Timna

Nele

Valerie, Alois

Anna


Der FIlm baut auf persönlichen Erfahrungen der Künstlerin selbst beim Üben ihres Instruments auf. Beim „Auswendig-Spielen“ kann ein zuvor oft wiederholter, automatisierter Ablauf auch ohne Noten abgerufen werden. Dies wird aber – kaum beginnt man aktiv darüber nachzudenken wie man weiterspielen soll, unmöglich. Das Stück scheint nicht im Kopf, sondern in den Händen verankert (im Falle der Künstlerin beispielsweise beim Cello Spielen). Die Finger haben sich die Noten und ihre Positionen gemerkt, die gelernten Stücke sind im Körpergedächtnis gespeichert.
Durch Üben verinnerlichte Bewegungsabläufe sind dabei jedoch nur ein kleiner, ersichtlicher Teil der im Körpergedächtnis internalisierten Informationen. Die Arbeit versteht den Körper als Archiv, in welches Spuren individueller Erfahrungen eingraviert sind. Neben vorgeschriebenen Fingersätzen, auch die Disziplin sich jeden Tag erneut die Noten anzueignen, das tägliche Sitzen im immer gleichen Sessel, vor dem immer gleichen Fenster, Finger die über die gewohnten Materialien streichen, Druck, Erwartungen, Umfeld, Denkweisen, Vorbilder, und die rechte Hand die den Bogen greift und führt. Wieder und wieder.
In den Filmsequenzen sind keine Instrumente zu sehen, die gefilmten Musiker*Innen spielen auf anderen Körpern, in der Luft, oder anderen Materialien. So hat die Künstlerin selbst oft auf ihrem eigenen Arm Fingersätze geübt, wenn sie das Instrument gerade nicht bei sich hatte. Die Arbeit reflektiert nun, ganz abseits vom Musizieren, die Begegnung mit unserem Umfeld. Tief im Körper schreibt sich die Kindheit, das Gelernte, das Abschauen von Anderen, die Wiederholung gewisser Rituale und Verhaltensweisen, institutionelle Muster, die vielleicht gar nicht die eigenen sind – in ihre Bewegungen, ihren Habitus ein. Meist unbemerkt spielen wir auswendig – imitieren zuvor oft Wiederholtes und Gewohntes.
Vergangene Erfahrungen bestimmen durch das daraus entstandene Körpergedächtnis, die zukünftigen Erfahrungen mit.
Der Verbund von Körper und Geist, durch körperliche und emotionale Eindrücke im Körpergedächtnis, kann auch als Versuch der Überwindung des Dualismus durch künstlerische Praxis verstanden werden.
The film is based on the artist's own personal experiences while practicing her instrument. When playing by heart, a previously repeated, automated sequence can be recalled even without sheet music. However, this becomes impossible as soon as one begins to actively think about how to continue playing. The piece seems to be anchored not in the mind, but in the hands (in the case of the artist, for example, when playing the cello). The fingers have memorized the notes and their positions, and the pieces learned are stored in the body's memory. However, movement sequences internalized through practice are only a small, visible part of the information internalized in the body's memory. The work understands the body as an archive in which traces of individual experiences are engraved. In addition to prescribed fingerings, there is also the discipline of learning the notes anew every day, sitting in the same chair every day, in front of the same window, fingers stroking the familiar materials, pressure, expectations, environment, ways of thinking, role models, and the right hand that grasps and guides the bow. Again and again. No instruments are visible in the film sequences; the musicians filmed play on other bodies, in the air, or on other materials. The artist herself often practiced fingerings on her own arm when she did not have her instrument with her. The work now reflects, quite apart from making music, our encounter with our environment. Deep within the body, childhood, what we have learned, what we have observed from others the repetition of certain rituals and behaviors, institutional patterns, which may not even be our own, are inscribed in its movements, its habitus. Mostly unnoticed, we act from memory – imitating what has often been repeated and is familiar. Past experiences determine future experiences through the resulting body memory. The connection between body and mind, throug physical and emotional impressions in the body memory, can also be understood as an attempt to overcome dualism through artistic practice.